Thomas Herre im Interview

Jean-Paul Bach CPhH
«Ich wurde von seltenen Stücken gefunden!» « J’ai été trouvé par des pièces rares ! »
Wie viel Zeit verbringst du mit den Marken?
Momentan sehr viel, da ich aufgrund kürzlicher negativer Erfahrungen die Ruhe in meiner Wohnung sehr schätze und froh bin um so ein schönes Hobby, das mich fordert und mir die Ruhe gibt, die ich brauche. Wenn es mit meinem Sohn stürmisch zu und her geht, kann ich mit meinen Briefmarken abschalten. Mein engeres Umfeld inspiriert mich immer wieder, neue Perspektiven einzunehmen, was sehr lehrreich ist. Die Arbeit geht nicht aus.
Ist es für dich wichtig, Vereinsabende im Briefmarkensammlerverein zu besuchen?
Oh ja, ich besuche sehr gerne Vorträge anderer Sammelgebiete. Man lernt dadurch Neues für die eigenen Sammelgebiete. Auch der gesellschaftliche Aspekt darf nicht fehlen, wie z.B. für unerfahrene Sammler da zu sein. Ich bin bereit, mein grosses Wissen über meine Sammelgebiete zu teilen. Daher ist bei mir die Teilnahme fast eine Pflicht. Aber mein Sohn darf nicht zu kurz kommen.
«Diese Gelegenheit muss ich nutzen und Werbung für die Briefmarkenbörse in Zug vom 18. Januar 2026 machen. Da zeigen wir von der ArGe Zug spannende Zuger Belege und Abstempelungen.» Thomas Herre
Sind Briefmarken-Vereine zeitgemäss?
Ja, aber da muss ein Umdenken stattfinden. Man muss aktiv um die Mitglieder buhlen. Auch sollte mit anderen Vereinen ein Austausch stattfinden, denn die haben ähnliche Probleme wie wir. Es wäre doch toll, wenn ein Trainspotter (Eisenbahn-Fotojäger), seine Bilder mit den entsprechenden Briefmarken ausschmücken würde. In Zug haben wir an der Börse eine kleine Ausstellung eingeführt, die wir von der ArGe Zug zusammenstellen, um zu zeigen, wie gesammelt werden kann. Hier sehe ich eine Chance für Anfänger, die richtige Beratung zu bekommen - vielleicht kann ein gestandener Sammler vom Verein als «Götti» funktionieren. Ich sehe in Zukunft, dass man im Verein den lockeren Austausch und das Gesellschaftliche pflegt und in digitaler Form sich mit anderen Sammlern austauscht.
Investiert du viel Geld in deine Sammlung?
Ja, ich habe für meine Verhältnisse schon sehr viel Geld in dieses schöne Hobby investiert, aber momentan bin ich eher auf «Sparflame», da ich für die Zeit mit meinem Sohn beruflich Lohneinbussen in Kauf nehme. Für mich gibt es nichts Grösseres, als mein eigenes Kind aufwachsen zu sehen und gemeinsame Erlebnisse zu schaffen!
Gelingt es dir, andere zu begeistern?
Ich versuche es! Alle, die mich anfragen oder sich für meine Erzählungen interessieren, zeige ich gerne meine Sammlungen. Leider gibt es nicht sehr viele Gelegenheiten. Aber ich glaube, dass nur schon durch das Erzählen, das schöne Hobby mit einem Gesicht verbunden wird und nicht in Vergessenheit gerät.
Vorphila-Brief aus der Helvetik vom 13. Januar 1802 von Zug nach Zürich, sehr sauber abgestempelt mit dem einzigen in der Helvetik bekannten Poststempel Winkler Nr. 184. Lettre préphilatélique de la République helvétique datée du 13 janvier 1802, envoyée de Zoug à Zurich, très proprement oblitérée avec le seul cachet postal connu de la République helvétique, Winkler n° 184.
Ein unscheinbarer Beleg von Unterägeri nach Ballwil mit einer Doppelentwertung. Diese kommt wohl daher, dass der Brief am 27. Mai 1857 versandt wurde und gemäss Weisung der Post vom 23. Mai 1857 ab sofort die Verwendung von Rautenstempeln untersagt wurde. Kat. Nr. 23C / AW 30/U10 in blau. Un document imperceptible d’Unterägeri à Ballwil avec une double oblitération. Celle-ci s’explique par le fait que la lettre a été envoyée le 27 mai 1857 et que, conformément à la directive de la poste du 23 mai 1857, l’utilisation des cachets en forme de losange était désormais interdite.
Wie siehst du Nachwuchs und Philatelie?
Ich glaube, wie es Stefan Sägesser im Verband macht, kommt das gut. Wir müssen den jungen Sammlern beratend zur Seite stehen, sie vor Fälschungen schützen und akzeptieren, wie sie ihre Sammlung aufbauen möchten. Lassen wir uns überraschen, was für kreative Sammlungen entstehen. Leider müssen wir verstehen, dass die Jugend von heute andere Prioritäten setzt. Aber das sehe ich nicht so schlimm, wichtig ist, dass diese Neugierde für die schönen Bildchen später wieder geweckt wird. Vielleicht anerkennen die Jungen, dass Briefmarken eine Investition in Freude und Wissen ist. Auch wenn man am Ende des Lebens nicht so viel Geld erhält, wie investiert wurde, hat es während des Lebens einen Mehrwert generiert!
Was hat dich zum Sammeln inspiriert?
Hahaha, das war in der 3. Klasse (ca. 9-Jährig), als wir einen Vortrag mit einem Klassenkameraden halten mussten. Da haben wir uns für Briefmarken entschieden und seitdem komme ich von diesem Hobby nicht mehr los. Manchmal intensiver und manchmal passiver. Vor 13 Jahren habe ich entschieden, mich auf die Zuger Postgeschichte und die Sitzende Helvetia gezähnt zu spezialisieren. Wenn ich zurückschaue, macht es mich stolz, wie meine Sammlungen gewachsen sind.
Hast du besondere Erinnerungen, die mit deinen Briefmarken verbunden sind?
«Ich wurde gefunden.» Ich habe bemerkt, dass ich meistens die seltenen Stücken dann gefunden habe, wenn ich diese nicht gesucht habe. Wurde ich also von den Stücken gefunden?
Wie siehst du die Rolle der Digitalisierung in der Philatelie? Hat sie dich beeinflusst?
Natürlich, es ist wichtig, Informationen zu sammeln, z.B. in Online-Auktionen Marktforschung zu betreiben. Meist schützt das Wissen vor Schaden.
Welche Herausforderungen gibt es?
Die Informationsbeschaffung ist in der Philatelie sehr teuer und zeitintensiv, wenn Archive abgeklappert werden müssen. Da sind Mitglieder mit kleinem Budget froh um die Vereinsbibliotheken. Wenn man das Buch für Forschung benötigt, sind leider oft die Ausleihfristen zu kurz. Meine Bibliothek mit philatelistischer Literatur ist mittlerweile grösser als die der Sammlung ... Eine digitale Bibliothek mit einer jährlichen Gebühr wäre da enorm hilfreich. Ich weiss, es ist immer eine Kosten- und Zeit-Frage ...
Hast du an Ausstellungen teilgenommen?
Leider noch nicht, das ist aber ein nächstes Ziel. Ich hoffe, die turbulenten Jahre im Privaten neigen sich dem Ende zu, und ich habe mehr Kapazität. Ich schaue mir gerne unterschiedlichste Sammlungen an. Es ist sehr lehrreich, aber manchmal steht man allein in den Rahmenreihen. Vielleicht könnten die Aussteller ihre geliebten Mitmenschen dazu bewegen, die Sammlung anzuschauen. In einer Ecke könnte anschliessend für diese Gesellschaft ein kleiner Apéro organisiert werden. Die Bewertung sollte sekundär sein und nicht zu viel Gewicht haben.
Was sind deine Tipps für Anfänger?
Nicht stürmisch drauflos Briefmarken kaufen. Zuerst überlegen, was möchte ich erreichen? Kann ich mir eine schöne Sammlung, die mir selbst gefällt, mit den eigenen Mitteln finanzieren? Wichtig ist auch, sich ein zeitliches Ziel zu setzen - z.B. ich möchte in zehn Jahren ausstellen (und da müssen natürlich die finanziellen Mittel mithalten können). Als Nächstes sollte recherchiert und sich Wissen angeeignet werden, und nicht als Erstes gleich die teuersten Briefmarken gekauft werden. Eher mit den günstigen Stücken anfangen. Dies, da in diesem Markt das Wort «selten» in meinem Verständnis etwas inflationär gebraucht wird.
Was sind deiner Meinung nach die häufigsten Missverständnisse über die Philatelie?
Die Meinung vieler Leute ist, dass Briefmarkensammeln bedeutet, nach Katalog Briefmarken zu kaufen und ins Einsteckalbum zu stecken. Aber es ist doch so viel mehr, und das müssen wir in der Öffentlichkeit wieder zeigen. Vielen, denen ich erzähle wie ich sammle oder meine Sammlung zeige, sind überrascht, was alles dahintersteckt. Wir können unser Hobby entstauben, wenn wir aufzeigen, wie viele Geschichte|n es in und um die Briefmarke gibt, und noch einiges mehr davon bei den Belegen. Die Menschen lieben Geschichte|n, vor allem aus ihrer Heimat oder ihrem Wohnort. Die Kreativität sollte leben.
